Wie klingt Stadtgeschichte? Diese Frage hat die feierliche Vorstellung des neuen Audiowalks „Zeit:Punkte“ in der Volkshochschule Gütersloh jetzt beantwortet. Zahlreiche Interessierte kamen, um diesen besonderen, von der Bürgerstiftung Gütersloh geförderten Hörspaziergang erstmals kennenzulernen, um mehr über die Geschichte(n) hinter speziell ausgesuchten Orten zu erfahren. Beim Audiowalk werden sie von Gütersloherinnen und Güterslohern selbst erzählt. Bei dem Projekt handelt es sich um eine Kooperation des LWL-Instituts für westfälische Regionalgeschichte und des Stadtarchivs Gütersloh.
Unter der Moderation von Dr. Mariella Gronenthal, stellvertretende Leiterin der Volkshochschule Gütersloh, und Historiker der Stadtgeschichte, Dr. Christoph Lorke, berichteten die Teilnehmenden von der fast einjährigen Entstehungsphase, den Herausforderungen der Recherchearbeit und den vielen Entdeckungen, die sie dabei gemacht haben. Im Mittelpunkt stand jedoch der Moment, auf den alle hingearbeitet hatten: die Freischaltung der digitalen Karte, mit der der Audiowalk ab sofort für alle zugänglich ist. Über einen QR-Code können Interessierte die einzelnen Stationen abrufen und Gütersloh auf neue Weise erleben.
Der Audiowalk führt zu 16 ausgewählten Orten, die die Stadtgeschichte nach 1945 aus ganz unterschiedlichen Blickwinkeln beleuchten. Dabei spannt sich der Bogen von bekannten Plätzen bis zu fast vergessenen Ecken. Ein Beispiel ist das ehemalige Odeon in Isselhorst, das in den 1970er-Jahren ein Zentrum der alternativen Kulturszene war. Heute erinnert vor Ort nichts mehr an das frühere Filmtheater. Doch durch die Tonaufnahmen beim Audiowalk wird das Lebensgefühl dieser Zeit wieder hörbar.
Andere Orte sind neben Klassikern wie beispielsweise dem alten Rathaus oder der Kirche St. Pankratius das „Ascaron“ an der Verler Straße 6, einer der größten Videospiel-Entwickler Deutschlands, sowie die Geschichte Vossens, einst Marktführer auf dem Gebiet der Frottierware.
Das Besondere an „Zeit:Punkte“: Die Geschichten stammen von Menschen aus Gütersloh, die sich ihren Ort selbst ausgesucht und mit Unterstützung des Stadtarchivs erforscht haben. Ob ehemalige Industriebetriebe, Treffpunkte des Alltags oder Orte persönlicher Erinnerung – die Beiträge verbinden historische Fakten mit individuellen Perspektiven und machen die Stadtgeschichte lebendig und nahbar. „Die Beiträge zeigen, wie vielseitig Geschichte erzählt werden kann – durch persönliche Stimmen, intensive Recherche und ganz unterschiedliche Sichtweisen“, so Julia Kuklik, Leiterin des Stadtarchivs. „Dadurch entsteht ein Mosaik aus Erinnerungen, Emotionen und Erkenntnissen, das unsere Stadt in ihrer ganzen Vielfalt widerspiegelt. ‚Zeit:Punkte‘ ist kein klassischer Stadtrundgang, sondern ein Hör-Erlebnis, das dazu einlädt, Gütersloh mit neuen Ohren zu entdecken.“
Projektleiterin und Historikerin Joana Gelhart vom LWL-Institut für westfälische Regionalgeschichte ergänzt: „Wir haben das Motto ‚der Weg ist das Ziel‘ doppelt ernst genommen: Hier werden Gütersloherinnen und Gütersloher selbst zu Geschichtsschreibern. Sie erforschen und erzählen die Geschichte ihrer Stadt.“ Entstanden ist der Audiowalk in mehreren Workshops, in denen die Teilnehmenden vom Team des Stadtarchivs, von Historikerinnen und Historikern des LWL-Instituts für westfälische Regionalgeschichte, von der Volkshochschule sowie vom Theater Gütersloh unterstützt wurden. Einige der Autorinnen und Autoren sprachen ihre Texte selbst ein, andere holten sich bei der Vertonung Unterstützung von zwei Schauspielern.
Die Bürgerstiftung hat dieses Gemeinschaftprojekt gern unterstützt, denn die „Zeit:Punkte“ zeigen, wie lebendig Geschichte sein kann – wenn viele Stimmen sie erzählen.
